Alexander Wagner ist im Alter von 93 Jahren am 19. Dezember 2019 verstorben.

Im Alter von 23 Jahren begann er 1949 seine Tätigkeit als Kirchenmusiker in der Gemeinde Detmold-West: Neben dem Orgeldienst übernahm er auch die Leitung des Kirchenchores, den er unmittelbar in „Kantorei der Christuskirche Detmold“ umbenannte und dann bis 1994 leitete.

Ihm zu eigen war das Streben nach höchst möglicher Qualität. Das erkannte man in seiner Leitung des Chores, wie er Sängerinnen und Sängern mit Maßstab setzender Akribie zu einem Ensemble formte, das letztendlich professionellen Ansprüchen gerecht wurde.

Die Auswahl der Kompositionen für Gottesdienste und Konzerte war ausschließlich der Qualität verpflichtet. Zur Aufführung kamen Werke, die nachhaltigen, niemals beliebigen Inhalten verpflichtet waren. Dabei verstand er sein Tun nie als künstlerischen Selbstzweck, sondern machte die Kirchenmusik als wirkungsmächtige Verkündigung erlebbar.

Die Kantorei blieb immer ein „Kirchen-Chor“, indem sie regelmäßig zu allen Feiertagen und auch sonst manchem Sonntag in den später dann drei Kirchen der Gemeinde sang, doch sie gewann schnell an übergemeindlicher Bedeutung, die sich auch in den Erfolgen von Konzerten weit über Detmold hinaus und in zahlreichen Aufnahmen auf Tonträgern und von etlichen Rundfunkanstalten widerspiegelte.

Die Einführung des Quempas-Singens mit Kinderchor in vier Gruppen und Kerzeneinzug durch Alexander Wagner ist eine bis heute gepflegte Tradition, die seit siebzig Jahren regelmäßig über tausend Gottesdienstbesucherinnen und -besucher an Heiligabend in der Christuskirche versammelt.

Als Kantor oblag ihm auch die Pflege des Gesanges mit der Gemeinde in den Gottesdiensten und Gemeindegruppen. Für ihn war dabei das Singen aus dem reformierten Liedpsalter, dem sogenannten Genfer Psalter, ein Herzensanliegen. Man kann mit Fug und Recht sagen, dass Alexander Wagner im deutschsprachigen Raum der profundeste Kenner dieser großartigen Sammlung von 150 Psalmliedern war. Bis heute wirkt seine Begeisterung in unserer Gemeinde fort.

In seine Ägide fällt auch der Neubau der großen Orgel in der Christuskirche. Im Jahre 1957 konnte Alexander Wagner das Instrument einweihen, das er in jahrelanger Arbeit mit dem Göttinger Orgelbauer Paul Ott geplant hatte. Bis heute steht sie in ihrer großen Klangschönheit für einzigartige und allerschönste Orgelbaukunst.

Mit nie versiegender Begeisterung bereitete er auch als Organist jeden Gottesdienst vor. Dass die Lieder zum Thema des jeweiligen Sonn- oder Festtages und den zugrunde liegenden Texten aus der Bibel passen und mit größter Sorgfalt ausgewählt sein mussten, war für Alexander Wagner selbstverständlich. Viele Pfarrerinnen und Pfarrer, die zu seiner Zeit Dienst an der Christuskirche taten, haben dabei von seinen tiefgründigen theologischen Kenntnissen profitiert.

Nicht zuletzt war Alexander Wagner auch Komponist. Im Mittelpunkt seines Schaffens stand dabei immer der Choral. Viele seiner Kompositionen für Chor oder Orgel sind erstmals in der Christuskirche erklungen. Seine umfangreichste Komposition ist die „Braunschweiger Liedmesse“, ein fast halbstündiges Werk für fünfstimmigen Chor a cappella zu den protestantischen Chorälen des gottesdienstlichen Ordinariums. Aus Anlass seines neunzigsten Geburtstages erklang diese Messe gesungen von unserer Kantorei erneut im damaligen Ehrenkonzert.

Im persönlichen Umgang kannte man Alexander Wagner als brillanten Geschichtenerzähler, humorvoll hintergründigen Unterhalter, das gepflegte Gespräch Liebenden, der gerne und voll warmherziger Zuwendung auch Anteil an persönlichen Lebenswegen nahm.

Am Sonnabend, dem 8. Februar, wollen wir unserem langjährigen Kantor und Freund mit einem Gedenkkonzert die Ehre erweisen. Die Geistliche Abendmusik beginnt um 17 Uhr in der Erlöserkirche am Markt, da die Christuskirche wegen der Innenrenovierung geschlossen sein wird. Auf dem Programm stehen neben Sätzen aus der „Braunschweiger Liedmesse“ Werke von Jacobus Gallus, Heinrich Schütz, Johann Sebastian Bach und Johannes Brahms. Es erklingen ausschließlich Kompositionen, die Alexander Wagner sehr schätzte und selbst vielfach aufführte. Ihre Mitwirkung haben u.a. Gerhild Romberger, Friedhelm Flamme und Christoph Grohmann zugesagt.

Dankbar blicken wir auf das Leben von Alexander Wagner zurück. Sein Wirken hat unsere Gemeinde wesentlich geprägt. In allem trug ihn die Überzeugung, seine Kraft in den höheren Dienst stellen zu sollen, weil es nicht so sehr auf den Einzelnen ankommt, sondern auf das gemeinsame Lob Gottes: Soli Deo Gloria – Gott allein die Ehre.

Burkhard Geweke