Und nach sechs Tagen nahm Jesus mit sich Petrus, Jakobus und Johannes nur sie allein. Und er wurde vor ihnen verklärt und es erschien ihnen Elia mit Mose und sie redeten mit Jesus und Petrus sprach zu Jesus Rabbi, hier ist gut für uns sein. Wir wollen drei Hütten bauen: Mir eine, Mose eine und Elia eine. Und es kam eine Wolke, die überschattete sie. Und eine Stimme geschah aus der Wolke: Dies ist mein lieber Sohn, den sollt ihr hören.
Und sie kamen zu den Jüngern herab und sahen eine große Menge um sie herum und Schriftgelehrte, die mit ihnen stritten. Und er fragte sie: Was streitet ihr mit ihnen? Einer aus der Menge aber antwortete:

Meister, ich habe meinen Sohn hergebracht zu dir, der hat einen sprachlosen Geist.

Und wo er ihn erwischt, reißt er ihn zu Boden; und er hat Schaum vor dem Mund und knirscht mit den Zähnen und wird starr.

Und ich habe mit deinen Jüngern geredet, dass sie ihn austreiben sollten und sie konnten‘s nicht.

Er antwortete ihnen aber und sprach: Oh du ungläubiges Geschlecht, wie lange soll ich bei euch sein? Wie lange soll ich euch ertragen? Bringt ihn her zu mir!
Und sie brachten ihn her zu ihm. Und sogleich, als der Geist ihn sah, riß er ihn hin und her. Und er fiel auf die Erde, wälzte sich und hatte Schaum vor dem Mund.
Und Jesus fragte den Vater: Wie lange ist‘s, dass ihm das widerfährt? Er sprach: von Kind auf.

Und oft hat er ihn ins Feuer und ins Wasser geworfen, dass er ihn umbrächte. Wenn du aber etwas kannst, so erbarme dich unser und hilf uns.
Jesus aber sprach zu ihm: Du sagst: Wenn du kannst!  Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt.
Sogleich schrie der Vater des Kindes: Ich glaube…Hilf meinem Unglauben…

Als nun Jesus sah, dass die Menge zusammenlief, bedrohte er den unreinen Geist und sprach zu ihm: Du sprachloser und tauber Geist, Ich gebiete dir: Fahre von ihm aus und fahre nicht mehr in ihn hinein. Da schrie er und riß ihn heftig hin und her und fuhr aus. Und er lag da wie tot, so dass alle sagten: Er ist tot. Jesus aber ergriff seine Hand und richtete ihn auf und er stand auf. Und als er in das Haus kam, fragten ihn seine Jünger für sich allein: Warum konnten wir ihn nicht austreiben? Und er sprach: Diese Art kann durch nichts ausfahren, denn durch Beten. Und sie konnten‘s nicht…

Es war im Jahr 1990, dreißig Jahre her, aber in manchen Momenten ist es, als sei es gestern gewesen. Als junge Vikarin stehe ich zum ersten Mal am Bett eines schwerstkranken Menschen. Er weiß es und ich weiß es auch: nach menschlichem Ermessen gibt es keine Hilfe. Er wird sterben.

Kann Jesus auch heute noch heilen oder ist das alles mehr so symbolisch gemeint? will er von mir wissen und da stehe ich nun: Das im Studium Er aber hat mich davor bewahrt, meinen Glauben zu verlieren. Der hat sich in ein tiefes Vertrauen gewandelt, aus dem heraus ich antworte: Doch…ja …Gott kann…

Der Blick, mit dem er sich nun zu seiner Frau umdreht, geht mir noch heute durch und durch… und in seiner Stimme liegt seine ganze Verlorenheit als er sie beim Namen nennt und zu ihr sagt: Na, dann gehören wir wohl nicht dazu …

Ich glaube. Hilf meinem Unglauben

Wie Feuer brennt diese Erinnerung seitdem in mir. Keine Chance, sie zu vergessen. Feuer, das weh tut. Ich konnte es nicht, so wie die Jünger damals es nicht konnten. Und vielleicht hat Jesus über mich genau so geseufzt wie über sie. Wie viele ungelöschte Feuer der Ohnmacht und der Scham mögen in uns und untereinander noch brennen? Ungelöscht und unerlöst?

Wenn du etwas kannst, Jesus, dann Hilf…

Feuer und Wasser bedrohen die Menschen und die ganze Erde. Deine Schöpfung entgleitet uns. Aus unserer Ohnmacht und Hilflosigkeit erwächst Wut und Trauer und Aggression. Wir spüren es am Haß, der unterwegs ist und an der Gewalt gegen Schwächere, die uns sprachlos macht. Sprachlose Geister…

Fürchte dich nicht, ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein. Wenn du durch Wasser gehst, will ich bei dir sein. Und wenn du durch Feuer gehst, wird es dir nichts anhaben …

Gott, ich fürchte mich und vertraue  dir – zugleich Ich glaube. Hilf meinem Unglauben.

ln diesem Schrei ist die Sprachlosigkeit überwunden. Vielleicht ist das als Kirche und Gemeinde unsere vornehmste Aufgabe in einer Welt die sprachlos macht: Sich die Macht des Wortes
zurück zu erobern. Miteinander Worte suchen und finden: heilsame, kraftvolle, wirkmächtige Worte, wie das, das uns gegeben ist. Gott selbst.

Wir glauben. Wir vertrauen. Hilf uns.

Herzliche Grüße
Martina Wehrmann